
Wie gut kannst Du dich entwickeln, wenn Du weißt, dass Du nicht genügst?
Seit vielen Jahren begleite ich Führungskräfte im Prozess der Reflexion und Entwicklung.
Das von der Geschäftsführungsebene darüber definierte Ziel orientiert sich meist am Defizit. In Ingenieurmanier wird ein SOLL-Stand definiert (wie müssen die Führungskräfte sein, damit wir bestimmte wirtschaftliche Ziele erreichen), der IST-Stand analysiert (360Grad Feedback, BIP, usw.). Und schon haben wir die Lücke im Verhalten der Führungskraft, an der wir ansetzen können. Im Coaching erlebe ich, wie Klienten bei der Auswertung des Feedbacks als ERSTES die Ausprägungen der Werte auf Defizite scannt. Der Fokus geht auf das, was er oder sie nicht kann, auf den Mangel. Darauf sind wir konditioniert. Wo ist noch ein Defizit an mir, welches ich verbessern kann, um mithalten zu können.
Entwicklung ist zutiefst menschlich. Und das ist positiv.
Das Negative: schauen wir ausschließlich auf unsere Defizite, fühlen wir uns gelähmt, da wir wieder nicht genügen. Unser Angstgehirn geht an, wir fühlen uns beschämt und sind nicht mehr klug. In diesem Moment wollen wir uns nur irgendwie aushalten, anders fühlen und nehmen defensive Abkürzungen, um unseren Selbstwert zu stabilisieren. Wir suchen einen Schuldigen, wir essen, trinken, rauchen, sporteln, …, zu viel. Nur um dieses Gefühl der Beschämung loszuwerden.
Die Lösung kann nicht sein, über alle Defizite hinwegzuschauen und eine Sonnenscheinharmonie-Wetterlage herbei zu lächeln!
Vielmehr geht es mir in Begleitungsprozessen um Verortung und darum Ausgeglichenheit und Handlungsfähigkeit zu entwickeln.
Das Paradoxon: Erst wenn ich weiß, dass ich genüge – kann ich wirklich besser werden.